Der Gottesdienstraum in unserer Schule wird regelmäßig für Klassen-Gottesdienste und Morgenkreise genutzt. Jeden Tag in der Mittagsfreizeit wird er zu einem besonderen Ort der Ruhe mitten im hektischen, oft lärmenden Schulalltag. Dann heißt es Türe schließen, Schuhe ausziehen, leise sein und eintreten in die „Oase der Stille“. Tatsächlich strahlt der Raum schon von außen eine magische Ruhe aus. Davor brennt immer eine Kerze, wenn sie voller Verständnis und Liebe für ihre Besucher da ist: Gabriela Yzusqui-Burkard kümmert sich bereits seit 10 Jahren in der Mittagspause liebevoll um die KolbeschülerInnen mit ihren kleinen und großen Sorgen, Ängsten und Zweifeln. Viele kommen auch nur um abzuschalten oder mit ihr über Gott und die Welt zu reden. Sie lässt uns teilhaben an ein paar stillen Momenten am wohl entspanntesten Arbeitsort der Maximilian-Kolbe-Schule.

Redaktion: „Frau Yzusqui-Burkard, die Oase der Stille hatte von Dezember 2020 bis Juni 2021 geschlossen, stattdessen waren die KolbeschülerInnen mit ihren Gedanken, Sorgen und Ängsten zuhause, wie ging es Ihnen als Pädagogin in dieser Zeit?“

Frau Yzusqui-Burkard: „Ich habe in dieser Zeit sehr viel an die Kinder gedacht, vor allem an diejenigen, die keine so festen Strukturen in ihrer Familie hatten, denn wir wissen, dass feste Strukturen Sicherheit und Halt geben. Manche SchülerInnen haben sich mit dem Home-Schooling schwergetan. Zum Glück hat die Schule einen Weg eingerichtet, auf dem wir trotz des Lockdowns die Möglichkeit hatten, in Kontakt zu bleiben, das haben manche SchülerInnen auch genutzt.“

Redaktion: „Nun sind endlich alle SchülerInnen wieder an der Schule und Sie erhalten regelmäßig Besuch, sind es mehr oder weniger als vor dem Lockdown? Welche Klassenstufen nehmen das Angebot gerne wahr? “

Frau Yzusqui-Burkard: „Zu mir in die Oase der Stille dürfen alle Klassenstufen kommen. Am Anfang hatte ich den Eindruck, dass viel mehr SchülerInnen, als vor dem Lockdown in die Oase der Stille gekommen sind. Es war, als ob sie eine große Sehnsucht gespürt hatten, über sich selbst und über ihre Gefühle zu sprechen. Wie ich vorher sagte, diese Zeit war es für viele SchülerInnen nicht so einfach.

Redaktion: „Was machen Sie mit den SchülerInnen, die zu Besuch kommen… reden, singen, spielen, oder auch gemeinsam schweigen?“

Frau Yzusqui-Burkard: „Es ist sehr unterschiedlich, die „Oase der Stille“ ist offen für alle Formen der Erfahrung von Stille und Ruhe, wie z.B. durch Musik, Bilder, Texte, Fantasiereisen, Geschichten hören und selbst erzählen, sowie Stilleübungen, Achtsamkeitsübungen oder schlichtes Schweigen. Jede/r erlebt die Stille ganz anders. Wir haben auch einen Tisch, wo wir unsere Anliegen aufschreiben können, alles was uns bewegt, was uns freut, oder wofür wir Gott dankbar sind. Einmal im Monat verbrennen wir gemeinsam alle diese Zettel im Freien! Der Raum atmet einen Geist, der den Kindern guttut. Es ist ein geschützter Raum, wo sie den erlebten Einfluss des Alltags verarbeiten können und lernen, dass Auszeiten wichtig sind, um neue Kraft zu schöpfen und innere Gelassenheit zu erlangen.“

Redaktion: „Sie unterliegen in der Oase der Schweigepflicht, was Ihnen die SchülerInnen erzählen, dringt nicht nach außen. Gibt es hin und wieder Momente, die Ihnen sehr nahegehen?“

Frau Yzusqui-Burkard: „Oh ja, es gibt immer wieder solche Momente. Die SchülerInnen haben mir gegenüber großes Vertrauen, wofür ich sehr dankbar bin. Sie wissen, dass alles was wir dort sprechen, den Raum nicht verlässt, das ist für sie sehr wichtig. So schön dieses Vertrauen ist, manchmal ist es auch hart für mich, was ich alles erfahre. Das Wichtigste ist, dass sie einen Ort haben, an dem sie alles lassen können, wo sie wissen, dass da jemand ist, der sie ernst nimmt und zuhört, ohne Vorurteile. Ich wünsche mir, dass alle SchülerInnen später aus diesem Oasenzimmer Elemente mitnehmen, an die sie sich erinnern werden, wenn sie Zeiten erleben, wo es gar keine Ruhe in ihren Alltag gibt.“

Redaktion: „Sie reden mit den SchülerInnen über ihre Sorgen, Ängste und wenn es sie bedrückt, auch über den Tod. Beten Sie auch zusammen?“

Frau Yzusqui-Burkard: „Ja das machen wir. Die Oase der Stille ist ein Ort, wo die Kinder sensibilisiert werden, und ein Mitgefühl für die Not anderer Menschen entwickeln. Manchmal erzählen die Kinder, dass jemand krank ist und wir beten dann gemeinsam für diese Person. Wir haben einmal eine unvergessliche Trauerfeier erlebt. Ein Kind, für das wir lange gebetet haben, ist schließlich doch gestorben. Es war für viele Kinder eine neue Erfahrung, eine Chance über tiefe Themen wie Verlust, Angst, Wut und Gottvertrauen zu sprechen. Es ist wichtig, Trauer und Tränen zuzulassen, sich Zeit für sich zu nehmen, sich zu besinnen, sich auf ein Bild oder einen Text ohne Interpretationszwang einzulassen. Manchmal sind es auch andere Verlustarten, die die Kinder beschäftigen, wie z.B. Abschiedssituationen bei einer Scheidung, der Verlust einer Arbeitsstelle der Eltern oder beim Tod eines geliebten Haustieres. Alle Anliegen werden ernst genommen und sie haben einen Platz in diesem Raum. Viele kommen und zünden für ihr Anliegen einfach nur eine Kerze an.“

Redaktion: „Gestatten Sie uns zum Schluss noch einen Blick in die Zukunft. Unsere Welt wird zunehmend digitaler, die Oase braucht das alles nicht, oder?“

Frau Yzusqui-Burkard: „Es kommt darauf an, worum es geht. Gefühle kann man am besten ausdrücken, wenn man sich sieht. Die digitale Welt wird nie eine warme Hand oder eine Umarmung ersetzen können, wenn es sich um ein persönliches Gespräch handelt. Wenn ich aber viele von den jüngeren SchülerInnen erreichen möchte, nutze ich auch einen Beamer, um den Kindern in kleinen Gruppen eine Geschichte vorzulesen. Die Bücher werden sorgfältig ausgesucht mit Themen, die sie interessieren, wie zum Beispiel Freundschaft, Teilen, Ausgrenzung durch Anderssein, Du bist wertvoll, Erkennen der eigenen Wünsche und Grenzen (Selbstbehauptung und Ich-Stärkung), Gewalt, Stress usw.. Nach Abschluss des gemeinsamen Bilderbuchbetrachtens besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen, und wenn sie wollen, über ihre Gefühle und Bezüge zum eigenen Leben zu sprechen. Mit den größeren SchülerInnen ist es etwas anders. Wenn es etwa um persönliche Dinge geht, die sie mit mir besprechen wollen, ist es für manche besser, wenn sie mir ihre Sorgen oder Nöte per E-Mail schreiben, das ist auch OK.“

Herzlichen Dank Frau Yzusqui-Burkard

Hier bin ich ganz da, ich brauche nichts zu machen. Ich bin in der Stille.
Ich bin bei mir. Ich bin in Gott und in IHM ist alles, wonach ich mich sehne.

Nachgefragt bei Frau Yzusqui-Burkard in der Oase der Stille

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